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wandte sich zum Regal, um das Glas mit den Getreidepollen
herauszunehmen, als Bessie auch schon hereinkam.
Sie hatte einen kleinen Jungen dabei vermutlich Louies Bruder. An
der Tür blieben Mutter und Sohn einen Moment zögernd stehen, wobei
der Kleine sich alle Mühe gab, sich hinter Bessies Rockzipfel zu
verstecken.
 Hier , sagte Ellen.  Ich habe die Pollen schon für dich fertig
gemacht.
Bessie wurde rot.  Ja, die brauche ich auch, aber eigentlich will ich zum
Doktor.
Ein Ausdruck des Erschreckens flog über Ellens Gesicht, doch das
war gar nichts gegen die Gefühle, die schlagartig auf Catherine
einstürmten.  Sie möchten zu mir? fragte sie wie vor den Kopf
geschlagen.
 Sie ist kein Doktor , schnappte Ellen.  Sie ist eine Praktikantin.
Wenn du diese Art von Hilfe brauchst, werde ich versuchen, Dr. Kolkline
aufzutreiben.
Sie war schon fast beim Telefon, als Bessies nächste Worte sie innehalten
ließen.  Sie hat Louie gerettet, nicht dieser andere Mann. Sie zog den
kleinen Jungen hinter sich hervor und gab ihm einen sanften Schubs.
 Das ist Leo , sagte sie zu Catherine.  Sein Lehrer hat ihn letzte
Woche von der Schule nach Hause geschickt und hat ihm gesagt,
daß er sich nicht mehr blicken lassen darf, bis er eine Tetanus-
Impfung bekommen hat.
 Eine ... Oh. Catherine lächelte.  Sie möchten, daß ich ihm eine
Spritze gebe.
 Ja. Und sie haben gesagt, ich soll mir eine Bestätigung geben
lassen.
 Okay. Aber erst muß ich mir dafür von Dr. Kolkline die
Genehmigung holen.
 Von mir aus. Solange nicht er es ist, der meinem Leo die Spritze
verpaßt, können Sie machen, was Sie wollen.
Sie ging zum Telefon und wählte die Nummer, die Kolkline ihr
gegeben hatte. Niemand meldete sich. Sie versuchte es in der
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Universitätsklinik, aber an seinem Platz schien er auch nicht zu sein.
Catherine war zu glücklich, einen Patienten zu haben und so von den
quälenden Gedanken an Jericho entronnen zu sein, daß es sie nicht
weiter kümmerte. Sie holte sich, ohne lange zu überlegen, von
einem Arzt in der Notaufnahme die Zustimmung - was sicher nicht
ganz legal war.
Nachdem sie eine Spritze aufgezogen hatte, forderte sie Bessie und
Leo auf, mit ihr nach nebenan ins Untersuchungszimmer zu
kommen.  Okay, Hosen runter, junger Mann.
Der Kleine reckte trotzig das Kinn.  Ich will Jericho.
Catherine zog ein Gesicht. Oh, ich auch, dachte sie.
 Das geht nicht , erklärte Bessie ihrem Sohn.  Er ist auf dem Berg.
Auf dem Berg?  Wo? fragte Catherine.
Bessie warf ihr einen seltsamen Blick zu und sagte erst einmal
nichts.  Auf dem Beautiful Mountain , rückte sie schließlich heraus.
 Onkel Ernie hat eine Hütte da oben. Ich habe Jericho vor zwei
Tagen getroffen, und er hat versprochen, daß er Leo die Spritze gibt,
aber er kann mir keine Bestätigung ausschreiben. Die Schule weigert
sich, sie anzunehmen, wenn sie von Jericho ausgestellt ist.
 Nein ... ich meine, das stimmt. Mittlerweile hatte sich Leo
bequemt, seine Jeans so weit herunterzulassen, daß Catherine ihm den
Impfstoff injizieren konnte. Als sie sich wieder aufrichtete, wurde ihr
für einen Moment schwarz vor Augen.
Kreislaufschwäche, diagnostizierte sie. Es kam wahrscheinlich
daher, weil sie in den letzten Tagen, kaum geschlafen hatte. Oh, Jericho,
komm zurück.
 Was macht er denn da oben? fragte sie mit erzwungener
Beiläufigkeit, wobei sie aus einer Schublade ein Formular herausholte
und es ausfüllte.
 Er geht dorthin, wenn sein Leben aus dem Gleichgewicht geraten
ist.
 Aus dem Gleichgewicht geraten? wiederholte Catherine, während
sie Bessie das Formular reichte. Ihr Magen krampfte sich schmerzhaft
zusammen. Oh, Gott, was hatte sie ihm angetan mit diesen
wenigen häßlichen Worten, die sie ihm entgegengeschleudert hatte.
Sie hatte es doch nicht so gemeint, es war ihr aus Wut nur so
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herausgerutscht. Und aus Angst.
Hatten ihn ihre Worte wirklich so tief getroffen?
 Unsere Leute glauben, daß man mit der Natur im Einklang stehen
muß. Wenn das nicht der Fall ist, bekommt man Probleme , erklärte
Bessie.
Probleme, dachte Catherine. Vielleicht würde Jericho, wenn er wieder
zurückkam, ja nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen.
Sie ging mit Leo und Bessie wieder nach vorn, und Catherine sah,
daß sie noch etwas auf dem Herzen hatte.  Wir haben kein Geld, aber
mein Mann bringt Ihnen ein Schaf, wenn er das nächstemal
vorbeikommt.
Catherine schüttelte verdutzt den Kopf. Was, um alles in der Welt,
sollte sie mit einem Schaf? War sie etwa verpflichtet, es dem Indian
Health Service zu melden? Vielleicht brauchten sie es ja, um auf diese
Weise die Kosten für den Impfstoff wieder hereinzuholen.
 Das wäre nett. Sie würde sich später Gedanken darüber
machen.  Wie geht s Louie?
Ein Strahlen ging über Bessies Gesicht.  Großartig. Aber langsam wird
er wirklich zapplig. Er will endlich nach Hause.
Catherine lachte. Plötzlich fühlte sie sich ihrer selbst sicher.  Danke,
daß Sie gekommen sind , sagte sie warm.  Bisher scheint mich hier
niemand gebraucht zu haben.
Bessie zuckte die Schultern.  Unsere Leute haben gelernt, der
Regierung nicht zu sehr zu vertrauen, weil wir bisher doch meistens die
Angeschmierten waren. Vertrauen braucht Zeit.
 Ja , erwiderte Catherine ruhig.  Das braucht es wirklich. Und
manchmal ... manchmal entsteht tatsächlich welches.
Am späten Nachmittag begann es zu regnen. Als die ersten Tropfen
gegen das Fenster klatschten, sah Catherine überrascht auf. Sie
hatte die Heftigkeit des Regenschauers, von dem sie bei ihrer Ankunft
hier begrüßt worden war, schon fast vergessen.
Die Klinik wirkte verlassen. Sie saß am Schreibtisch, das Kinn in
die Hände gestützt, und schaute hinaus in den Regen.
Die Engel weinen. Das hatte ihre Mutter immer gesagt. Plötzlich hörte
Catherine ihre Stimme so klar und deutlich, als stünde sie neben ihr.
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Wenn es doch nur wirklich so etwas wie chindis gäbe! Was hätte
sie nicht alles dafür gegeben, wenn ihr ihre Mutter jetzt, in dieser
Situation, aus der sie keinen Ausweg wußte, mit Rat und Tat zur Seite
stehen könnte! Mary Callahan hatte es niemals zugelassen, sich ihr Leben
von einem Mann - oder von sonst etwas - durcheinanderbringen zu
lassen. Sie war immer der ruhende Pol der Familie gewesen, vor allem
dann, wenn Paddy mal wieder verrückt gespielt hatte. Sie hatte in jeder
Situation gewußt, was zu tun war.
Catherine schlug die Hände vors Gesicht.  Oh, Mama , stöhnte sie,  in
was bin ich da bloß reingeraten?
Sie war davongelaufen - direkt in die Arme eines harten,
kompromißlosen Mannes mit einem Herz aus Gold. Zu keinem
Zeitpunkt hatte sie beabsichtigt, sich mit ihm einzulassen, weil ihr
klar war, daß es das Schlimmste wäre, was ihr unter diesen
Umständen passieren könnte. Und doch war es geschehen.
Manche Dinge sind eben stärker als wir, Catie. Das Schicksal hat
seine eigenen Pläne mit uns. Es hat keinen Sinn, dagegen
anzukämpfen.
 Ich weiß, Mama, ich weiß. Mary hatte ihr beigebracht, daß man
aufhören mußte, gegen die Strömung zu schwimmen, bevor man
anfing unterzugehen.
Und sie war dabei unterzugehen. Sie sank. Rasend schnell. [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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